Morissette: Vom Kinderstar zum Grammypreisträger

Morissette: Vom Kinderstar zum Grammypreisträger
Morissette: Vom Kinderstar zum Grammypreisträger
 
Schon im Alter von nur 25 Jahren kann die Sängerin und Songschreiberin Alanis Morissette auf eine erstaunliche Karriere zurückblicken. Ihre ersten musikalischen Schritte machte sie bereits mit neun, sie wurde Kinderstar im kanadischen Fernsehen, nahm mit vierzehn ihre erste, selbst finanzierte Single auf und unterschrieb ihren ersten Plattenvertrag beim kanadischen Major-Label MCA, bei dem sie zwei Alben veröffentlichte, die sich in ihrer Heimat erfolgreich verkauften. Doch die Unzufriedenheit und der Wunsch nach Veränderung trieben die junge Alanis hinaus aus dem sicheren Hafen und hin zu neuen Ufern. Sie verlegte ihren Wohnsitz nach Los Angeles und traf dort auf den Erfolgsproduzenten und Songschreiber Glen Ballard. In Zusammenarbeit mit ihm entstanden die Stücke zu ihrem eigentlichen Debütalbum »Jagged little pill«, das ihr 1995 den weltweiten Durchbruch verschaffte. Musikalisch im Bereich Rock/Pop/Alternative verankert, zeichnet sich die Platte vor allem durch den stark autobiografischen Einschlag in den Texten aus. Sie singt von zerbrochenen Beziehungen, der Wut und Frustration über den Perfektionswahn der Gesellschaft, von Reisen ins Innere, Druck und Unsicherheit im Alltagsleben, Themen so individuell wie universell, mit denen ein hoher Identifikationsgrad beim Konsumenten erreicht wird.
 
 Frühe Erfolge als kanadischer Kinderstar
 
Die Sängerin und Songschreiberin Alanis Morissette kam am 1. Juni 1974 in Ottawa, Kanada, als Tochter eines frankokanadischen Schuldirektors und einer gebürtigen Ungarin zur Welt. Sie besuchte eine katholische Schule und genoss schon in frühen Jahren Auslandserfahrung durch die zeitweise Übersiedlung der Familie nach Deutschland. Sie erhielt Klavier-, Ballett- und Jazzunterricht mit sechs Jahren, und als sie mit zehn eine Rolle in einer Kinderserie für das kanadische Fernsehen übernahm, sind bereits erste Schritte auf der Erfolgsleiter im Showgeschäft gemacht. Doch zeigte Alanis bereits in jungen Jahren eigenen Willen, als sie ihre musikalische Karriere selbst vorantrieb, den Großteil ihrer Gage in ein eigenes Plattenlabel steckte und ihre erste Single »Fate stay with me« produzierte. Das Stück weist noch nicht die Originalität ihrer späteren Alben auf, dennoch erhielt sie vier Jahre später eine weitere Gelegenheit: das kanadische Major-Label MCA bot ihr — immerhin erst vierzehnjährig — einen Plattenvertrag an. Sie veröffentlicht zwei Alben, »Alanis« (1991) und »Now is the time« (1992), beide im Dance-Pop-Stil gehalten und nur in Kanada erfolgreich. Nach ihrem High-School-Abschluss drängte es den Jungstar aus der Heimat, Alanis hatte den Vorsatz, Eigenständigkeit zu erlangen, Erfahrungen zu machen sowie das enge Korsett und den Druck, der mit ihrem stressigen Leben als Teenie-Star verbunden war, abzustreifen. Über einen Zwischenstopp in Toronto landete sie 1994 in Los Angeles, dem Dreh- und Angelpunkt ihrer weiteren Karriere.
 
 Zweiter Karrierestart in Los Angeles
 
Der Start in der Metropole gestaltete sich mit einer zerbrochenen Liebesbeziehung und Geldsorgen im Rücken vorerst schwierig, doch das Blatt wendete sich wenig später beim Zusammentreffen mit Michael Ballard. Ballard, bereits im Musikgeschäft etabliert als Co-Autor von Michael Jackson und David Hasselhoff, nahm mit ihr die Arbeit an einem Album auf. »Jagged little pill« (dt.: gezackte kleine Pille) erschien 1995 auf dem noch jungen, von Madonna gegründeten Label Maverick. Morissette bezeichnet »Jagged little pill« als ihr wahres Debüt, was nahe liegt, denn die Texte des Albums weisen eine eindringliche biografische Authentizität auf und sind im Vergleich zu den oberflächlich poppigen Vorgängern, sowohl in Form als auch in Inhalt eine 180-Grad-Wendung. Die erste Singleauskopplung »You oughta know« (dt.: Du solltest wissen. ..) wirkt wie ein Racheakt an ihrem Exfreund, in dem sie sich voller Wut in der Stimme den Frust von der Seele schreit. So zieht sich diese Form der artikulierten Gefühlszustände wie ein roter Faden durch das gesamte Album, ihre eigenwillige Stimme dient dabei als kraftvolles Ausdrucksmittel, um den textlichen Inhalten Nachdruck zu verleihen. Darüber hinaus fiel der Zeitpunkt des Erscheinungstermins günstig in den derzeitigen Boom der Sparte »selbstbewusster Frauen-Rock«: Dieser offene Markt bot Alanis eine aussichtsreiche Plattform. Mit derart günstigen Vorzeichen mauserte sich »Jagged little pill« zum Bestseller der Superlative. Nicht nur, dass sich die Platte bis heute über dreißig Millionen mal verkaufte, sie brachte der Künstlerin vier Grammies (»Album des Jahres«, »Beste Rock-Performance einer Sängerin«, »Bester Rocksong« und »Bestes Rockalbum«), weitere Preise bei den »Billboard Music Awards« und den »MTV Awards« sowie einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für das meistverkaufte Debütalbum. Zwischen 1995 und 1996 erschienen nahezu alle Songs der CD als Singles, und jede davon erreichte die oberen Ränge der Hitparaden. Im Anschluss folgte eine ebenso erfolgreiche eineinhalbjährige Welttournee.
 
 Erfolgspause, ein neues Album und andere Projekte
 
Nach Beendigung der Tour sollte planmäßig die Arbeit an einem neuen Album beginnen, doch Alanis ging nicht ins Studio, sondern auf Reisen. Da der Stress der ausgedehnten Tournee erst abgebaut, der enorme weltweite Erfolg und die neu gewonnenen Erfahrungen verdaut werden mussten, wollte sich die Künstlerin nicht dem Druck aussetzen, ohne kreative Pause in die nächste Schaffensphase überzugehen. Sie entzog sich nahezu vollständig der Öffentlichkeit und bereiste Kuba und Indien, widmete sich der Meditation ebenso wie dem Fitnesstraining und nahm an Triathlon-Wettkämpfen teil. Im Frühjahr 1998 tauchte sie mit dem Stück »Uninvited« auf dem Soundtrack des Films »Stadt der Engel« wieder aus der Versenkung auf. Der Titel erhielt prompt zwei Grammies. Ein Ausflug in andere Gefilde brachte sie zurück zu ihren Ursprüngen als Schauspielerin: Für den Film »Dogma« des Jungregisseurs Kevin Smith übernahm sie eine »kleine« Nebenrolle, sie spielt Gott. Erholt und voller Tatendrang setzte sie sich nun wieder mit Glen Ballard zusammen und schrieb an neuen Songs, die beide im Anschluss innerhalb von sechs Wochen im Studio aufnahmen. Das Ergebnis war »Supposed former infatuation junkie« (1998), ein Album, das in der Presse als Nachfolger von »Jagged little pill« gehandelt wurde, im Unterschied dazu aber leisere und besinnlichere Töne anschlägt. Die Parallelen zum Vorgänger zeigen sich in der charakteristischen Weise ihrer Fähigkeit, ihre Gefühle offen und rückhaltlos in Songs umzusetzen und zu interpretieren. In Interviews nannte Alanis ihren Indienausflug und die damit verbundenen Erfahrungen, sowie eine lang andauernde Selbstreflexion als Teile ihrer Inspiration für die Platte. Eine weitere Parallele zu »Jagged little pill« waren die Verkaufszahlen. Auch das neue Album erreichte innerhalb kürzester Zeit Platz eins der Hitparaden rund um den Globus. Die erste Singleauskopplung »Thank U« sorgte vor allem durch das dazugehörige Video für Furore. Nicht allein, dass die Sängerin in ihren Liedern kein Blatt vor den Mund nahm, auch im Video zeigte sie sich durchgehend hüllenlos, einzig ein Verzerrer im Genitalbereich verdeckte — unter anderem aus Zensurgründen — die Bikinizone. Es folgte eine weitere groß angelegte Tournee in zahlreichen Ländern. Nach wie vor setzt sich Alanis für soziale und völkerrechtliche Belange ein, unter anderem durch die Mitwirkung bei Benefizveranstaltungen wie dem »Tibetian Freedom Konzert« oder einen Song für ein Benefizalbum zugunsten von Kosovo-Flüchtlingen. Darüber hinaus erscheinen Arbeiten mit Kollegen, ein jüngstes Beispiel zeigt ihr Beitrag zu einem Album von Jonathan Elias, auf dem sie ungarisch und französisch singt. So zeigt sich Alanis Morissette als vielseitiges Talent, das in jungen Jahren bereits eine steile Karriere hinter sich und in der Zukunft sicherlich noch einige Überraschungen in petto hat.
 
 
Alanis (1991)
 
Now is the time (1992)
 
Jagged little pill (1995)
 
Supposed former infatuation junkie (1998)
 
 
Grills, Barry: Ironic. Alanis Morissette — the story. London 1997.
 Tomashoff, Craig:You live, you learn. The Alanis Morissette story. New York 1998.

Universal-Lexikon. 2012.

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